Was in der Schweiz gerade abgeht, ist finanzpolitischer Wahnsinn: Gestern hat das Bundesparlament beschlossen, der Armee massiv mehr Geld zur Verfügung zu stellen (zumindest im mehrjährigen Zahlungsrahmen) und dafür bei der Entwicklungszusammenarbeit zu sparen – und den Kantonen weniger Geld zu lassen. Heute hat der Bundesrat bekannt gegeben, in welchen Bereichen er sparen will, um die schon ohne zusätzliche Armeefinanzierung bestehenden grossen Löcher in den zukünftigen Budgets zu stopfen. Auch diese Sparmassnahmen wirken sich teilweise auf die Entwicklungshilfe aus, aber auch auf die Kantone (welche gemäss gestrigem Beschluss ebenfalls „kompensieren“ müssen)
Doch wie bei den „Ausgaben“, gilt auch beim „Sparen“: Geld kann man nicht 2x wegsparen/wegverschieben. Zudem sind viele Massnahmen eine reine Verschiebung der Ausgaben – entweder auf die Kantone oder die Individuen.
Gleichzeitig hat der Kanton Basel-Stadt vorgestern ein Steuersenkungspaket beschlossen, ohne die Auswirkungen dieser Massnahmen des Bundes auf die kantonalen Finanzen zu kennen. Da kann man nur hoffen, dass das für unseren Kanton gut kommt …
Der Bundesrat hat in seinem Sparprogramm immerhin einige aus Demokratiesicht fragwürdige Vorschläge der Spartruppe Gaillard wieder entfernt (Wohnbauförderung, Güterverkehr). Aber gleichzeitig bleibt er dabei, den Hebel praktisch nur auf der Ausgabenseite anzusetzen. Von den Vorschlägen, die auf der Einnahmenseite auf dem Tisch liegen (siehe dazu auch das Finanzpapier der SP-Fraktion, 31. August 2024) hat der Bundesrat einzig einen Vorschlag zur Reduktion der Steuervorteile beim Kapitalbezug aus der 2. und 3. Säule aufgenommen. Die Einnahmenseite muss aber deutlich stärker berücksichtigt werden, ich habe dazu heute eine Interpellation (siehe unten) eingereicht. Die Vorschläge auf der Ausgabenseite muss man einzeln prüfen, vielleicht gibt es da durchaus ein gewisses Potential für Prioritätenverschiebungen. Wobei. die Befürworter der Sparvorschläge sollten sich nichts vormachen: mit den wenigsten Vorschlägen wird wirklich etwas gespart im Sinne einer effizienteren Leistungserbringung oder der Streichung unnötiger Leistungen. In den meisten Fällen geht es einfach darum, dass jemand anderer bezahlt als der Bund: Die Kantone, die Studierenden, die Haushalte. Und dort wo wirklich abgebaut werden soll, in der Entwicklungshilfe, geht es zu Lasten der Schwächsten, die in Zeiten von immer mehr Kriegen und Krisen eigentlich auf mehr Unterstützung angewiesen wären.
Interpellation Wyss vom 20.9.2024:
Im vom Bundesrat in Auftrag gegebenen Expertenbericht (Beilage 1 Prüfungsergebnisse Subventionen und Steuervergünstigungen, ab Seite 16) werden die Steuervergünstigungen nach der Steuersystematik bewertet. Rund 40 Steuersubventionen werden als weder steuersystematisch gerechtfertigt noch ausserfiskalisch verhältnismässig eingeschätzt (Kategorie rot), zu rund 80 wird festgehalten, dass es zumindest unklar sei, ob diese einer Verhältnismässigkeitsprüfung standhalten würden (Kategorie gelb). Gleichzeitig findet die Expertengruppe, dass die «einnahmeseitigen Massnahmen nicht prioritär» seien.
Die Interpellantin bittet um die Beantwortung folgender Fragen:
- Gemäss einem Bericht der EFK vom Mai 2005 sind Steuervergünstigungen Subventionen, und damit Ausgaben gleichzustellen. Im Expertenbericht sind sie unter der Einnahmeseite deklariert. Ist der Bundesrat bereit, diese Massnahmen als Ausgaben zu deklarieren? Falls ja, weshalb hat er praktisch keine davon ins «Entlastungspaket» vom 20.9.2024 integriert?
- Im Wissen darum, dass bereits in mehreren Vorstössen nach der Quantifizierung (unter anderem Interpellation 23.4116) der Kosten der Steuervergünstigungen gefragt wurde (es gibt keine Aufdatierung dieser Kosten seit 2011): Ist der Bundesrat bereit, alle Steuervergünstigungen, welche im Expertenbericht der Kategorie gelb oder rot zugeteilt wurden, mit Zahlen zu hinterlegen? Falls nicht, weshalb nicht?