Die Welt befindet sich in turbulenten Zeiten. Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind in Gefahr. Umso wichtiger ist es, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um diese Werte zu vertreten und zu leben – im Kleinen wie im Grossen.
Heute geht die Frühjahrssession zu Ende. Nicht alle Themen sind von gleicher Tragweite – besonders angesichts der Weltlage. Doch sie alle zeigen, wie wichtig Institutionen sind – nicht zuletzt, um Checks and Balances zu garantieren.
Ich wünsche Dir eine gute Lektüre. Den ganze Sessionsbrief findest du hier.
Zahnlos N°1: Konsequenzen aus der CS-Krise bleiben aus
Der 19. März 2023 war eine Zäsur. Zum zweiten Mal innerhalb von 15 Jahren musste der Bund mit milliardenschweren Garantien für eine Grossbank einspringen, um den Finanzplatz Schweiz vor einer noch grösseren Katastrophe zu bewahren und eine internationale Finanzkrise zu verhindern.
Seit dem Kollaps der CS ist die UBS die einzige global systemrelevante Schweizer Bank. Doch die UBS muss auch eine Bank für die Schweiz sein – denn die Gesellschaft trägt das Risiko einer solch grossen Bank, die der Staat im Notfall retten muss.
Der PUK-Bericht, den wir diskutierten, hätte die Grundlage für eine bessere Regulierung sein können. Doch daraus wird kaum etwas. Zwar forderten während der CS-Krise alle Parteien Konsequenzen – etwa höhere Eigenkapitalvorschriften, eine Stärkung der FINMA oder bessere Sanktionsmöglichkeiten. Doch übrig geblieben ist davon nicht viel. Der Nationalrat hat lediglich einige weichgespülte und unverbindliche Vorstösse überwiesen. Zahnlos. Die Lobby der UBS hatte Erfolg.
Zahnlos N°2: Kostendämpfungspaket 2 endlich im Ziel – aber die Zähne wurden gezogen
Die Kosten im Gesundheitswesen steigen. Nicht jede Kostensteigerung ist schlecht – notwendige Kostensteigerungen müssen jedoch fair finanziert werden (die heutige Kopfprämie müsste mittelfristig durch einkommensabhängige Prämien ersetzt werden), während unnötige Kosten ohne medizinischen Mehrwert begrenzt werden sollten. Das Kostendämpfungspaket 2 des Bundesrates aus dem Jahr 2022 enthielt ursprünglich sieben Massnahmen, die insbesondere die koordinierte Versorgung stärken und dem Bund mehr Kompetenzen bei der Vergütung medizinischer Leistungen geben sollten.
Ob die heute verabschiedete Variante ihr Ziel erreicht, bleibt fraglich. Eine besonders sinnvolle Massnahme – Versorgungsnetzwerke mit einem Sparpotenzial von über 250 Millionen Franken – wurde aus dem Paket gestrichen. Übrig geblieben sind viele Diskussionsstunden und einige wenige Massnahmen – vor allem bei den Medikamentenpreisen.
Ein Seiltanzakt – die Individualbesteuerung
Die Individualbesteuerung ist längst überfällig. Sie ist ein wichtiger Schritt zur finanziellen Eigenständigkeit und zur Schaffung von Erwerbsanreizen – insbesondere für Frauen. Ein wichtiger Schritt für die Gleichstellung.
Doch jede Steuerreform birgt Risiken, etwa massive Mindereinnahmen. Der Ständerat hat es geschafft (also eigentlich die Frauen im Ständerat), Mehrheiten für eine mögliche Gesetzesrevision zu finden. Das nicht perfekte Modell sieht einen höheren Steuertarif vor, um Steuerausfälle zu minimieren (ursprünglich rechnete man mit Mindereinnahmen von bis zu 1 Milliarde Franken). Ein Kritikpunkt: Die Änderung für Einverdiener-Ehepaare widerspricht dem Grundgedanken der Individualbesteuerung. Denn durch die Möglichkeit, Kinderabzüge zwischen Partnern zu übertragen, werden Steuererklärungen doch wieder verknüpft. Die Vorlage kommt nun zurück in den Nationalrat.