Das Budget-Alphabet

Die Wintersession ist die Budget-Session. Über 20 Stunden diskutiert das Parlament über das Budget und den Finanzplan. Ich habe einige Diskussionspunkte herausgepickt und ein Budget-Alphabet erstellt.

A: Ausserordentlichkeit
Obwohl die SNB-Gewinnausschüttung nicht unplanbar ist, und diese Einnahmen bis 2020 ordentlich verbucht wurden (und damit genutzt werden durften im Budgetprozess), entscheidet das Parlament seit 2021 den Teil, der 667 Millionen übersteigt, ausserordentlich zu verbuchen. Dieses Jahr sind das 333 Millionen. Damit fliesst dieses Geld direkt in den Schuldenabbau und kann nicht für Investitionen genutzt werden.

B: Blauzungenkrankheit
Der gefährliche Virus bei Tieren muss und soll mit Impfungen und Prävention bekämpft werden. Fürs Parlament gab es da keine Frage, vier zusätzliche Millionen zu sprechen.  Während dessen stört es das Parlament nicht, bei Suchtkrankheiten und übertragbaren und nichtübertragbaren Krankheiten bei Menschen zu kürzen. Auch eine Sache der Prioritätensetzung.

C: Chlorhühner
Chlorhühner waren in der Budgetdebatte nicht direkt ein Thema, aber gleichwohl liegt die Unsicherheit der internationalen Handelsbeziehungen im Allgemeinen und jene mit den USA im Speziellen wie ein Schatten über den wirtschaftlichen und damit auch den finanzpolitischen Aussichten der Schweiz.

D: Damoklesschwert Abbaupaket
Das Damoklesschwert des Abbaupaketes (EP27) schwebt über der Budgetdebatte und bereits im Frühjahr beugt sich der Nationalrat über Gesetzesanpassungen, um Abbauvorhaben zu realisieren. Es trifft die Menschen

E: E-ID Verzögerung
1.7 Millionen wurden beim Bundesamt für Justiz gestrichen, im Wissen darum, dass dieses Geld für die Umsetzung der E-ID benötigt würde. Ist das der neue Respekt vor Volksentscheidungen?

F: Femizide
Gekämpft wie Löw:innen haben wir für ein wenig mehr Geld für die Bekämpfung der geschlechterspezifischen Gewalt. Noch sind die 2.5 Millionen nicht in trockenen Tücher. Am Montag gilt es ernst. Die Bewegung der letzten Tage hat gezeigt, was möglich ist. Danke!
Doch auch die zusätzlichen Gelder reichen nicht. Es braucht die Volksinitiative gegen geschlechterspezifische Gewalt.

G: Grotesk
Grotesk waren die Anträge zur Armeefinanzierung. Die Mehrheit sprach der Armee 2026 70 Millionen mehr für Rüstung, kürzte aber 25 Millionen im Funktionsauswand, also just an dem Ort, wo die Beschaffungen getätigt werden sollen. Hinzu kam, dass die Armee die 70 Millionen in den Jahren 2027 und 2028 wieder einsparen muss.
De facto hat das Parlament also entschieden, der Armee vorzuschreiben, Rechnungen bereits 2026 zu bezahlen, weil man ihnen dieses Geld dann 2027 und 2028 wieder kürzt.

H: Herdenschutz
Der Wolf reisst Schafe, die Schafe müssen geschützt werden. Wie durch Butter sind die 3.6 zusätzlichen Millionen für den Schutz der Schafe durchs Parlament geflutscht.

I: Internationale Zusammenarbeit
Die Internationale Zusammenarbeit ist nicht nur ein Akt der Solidarität, sondern auch ein Akt für mehr Sicherheit und Demokratie in der Schweiz. Die Kürzungen – ob Ständerat oder Nationalrat – sind verheerend und werden wie ein Bumerang auf uns zurückfallen. Ich bin entsetzt über diese angeblich «Swiss First» Mentalität.

J: Jugend und Sport
Jugend und Sport – niemand hat und kann etwas dagegen haben. Nach einem Aufschrei u.a. von Ex-Profifussballer Alex Frei, einer Petition mit 183’000 Unterschriften gegen eine de facto Kürzung (es war keine Kürzung, aber aufgrund des Mehrbedarfes kam es einer gleich), wurde der Beitrag noch fürs 2025 erhöht. Druck wirkt.


K: KartoffelsaatKartoffelsaatgut, ein Wort das ich bald nicht mehr hören kann. Aber wie bei so manchem, ja allen Landwirtschaftsanliegen, wurden die 1.4 Millionen gesprochen.

L: Lohnmassnahmen
Gerade Arbeitgebende wehren sich immer wieder, wenn es um Mindestlöhne und Vorgaben bei Arbeitsbedingungen in der Privatwirtschaft geht. Sie sagen, das sei Sache der Sozialpartner. Hier machten die Bürgerlichen aber genau das Gegenteil und gaben den Teuerungsausgleich vor und untergraben damit die funktionierende Sozialpartnerschaft von Arbeitgeber Bund und den Personalverbänden.

M: Mechanismus
Der Mechanismus bei der Budgetberatung ist politisch motiviert (aber auch gesetzlich so vorgegeben). Wenn sich Stände- und Nationalrat nicht einigen, dann gilt der tiefere Betrag. Deshalb ist die Budgetdebatte auch immer eine Verhandlungssache – aber aus einer Minderheitsposition meistens schwierig.

N: Nachtzug
Über wohl kein anderer Kredit wurde in der Öffentlichkeit so intensiv diskutiert. Proaktiv, ohne jegliche finanzielle Not haben beide Räte – und gegen das CO2 Gesetz– wenn auch knapp – den Nachtzug nach Malmö gestrichen. Dies schadet einer umweltfreundlichen Mobilität.

O: Öffentlicher Verkehr
Der Bahninfrastruktur wurden 2025 336 Millionen wegen angeblich «keinem Geld» gestrichen. Doch 2025 schliessen wir wohl mit einem strukturellen Saldo von 1.2 Milliarden ab. Das Parlament hat nachträglich auf meinen Antrag hin immerhin 100 Mio. in den BIF eingelegt, aber er hätte 336 Millionen sprechen können und hat das nicht getan.

P: Pessimismus
Der Bundesrat ist finanzpolitisch zu pessimistisch. Er kündigte dunkle Wolken für die nächsten Jahre an, beschwört ein finanzielles Gewitter hervor und warnt vor zu hohen Schulden. Doch wie so oft, schliesst der Bund dann trotzdem besser als prognostiziert ab und die Schulden nehmen ab. Dieser Alarmismus ist nicht nötig, nein er ist sogar gefährlich.

Q: Quote
Wir reduziere grad unsere Schuldenquote, obwohl wir diese stabilisieren sollten. Deshalb braucht es dringend eine Modernisierung der Schuldenbremse. Diese soll sich am Wirtschaftswachstum orientieren. Bislang wurden meine Vorstösse diesbezüglich ablehnt, aber: Steter Tropfen höhlt den Stein. Bereits hat die FDP im Budget den ALV-Fonds Trick angewandt um den Mechanismus der Schuldenbremse zu umgehen, ohne es zugeben zu müssen.

R: Restriktive Finanzpolitik
Restriktive Finanzpolitik gefährdet die Exportwirtschaft mehr als die US-Zölle, denn gemeinsam mit der vorsichtigen SNB-Politik wird der Franken so massiv gestärkt und die Exportwirtschaft geschwächt. Think about it…

S: Schuldenbremse
Lustigerweise wurde der Begriff Schuldenbremse im Gegensatz zum letzten Jahr gar nicht so oft gebraucht in der Debatte. Aufgrund der Abbaumassnahmen der letzten Jahre, und den zusätzlichen Einnahmen hat das Parlament einen Handlungsspielraum von 370 Millionen gehabt. Und die Schuldenbremse wurde irrelevant. Es wurde neu geframt, und man sprach nun plötzlich von der Wichtigkeit des Schuldenabbaus (und dies bei einem rekordtiefen Schuldenstand)

T: ToxInfo
Toxinfo ist lebenswichtig und braucht eine finanzielle Unterstützung, sonst muss der Betrieb eingestellt werden. Derzeit ist noch offen, wie hoch der Beitrag sein wird, den die Räte zusätzlich sprechen. Notwendig wären 1.1. Millionen – ich erwarte, dass man dem sogenannten Giftnotruf diese Gelder gibt. Wir profitieren alle davon.

U: UBS
Niemand hat die möglichen 16 Milliarden Schadenersatz wegen der AT1 Abschreibung genannt… Sie sind auch nicht im Finanzplan eingestellt. Geht man davon aus, dass die Eintretenswahrscheinlichkeit kleiner als 50% ist (nur dann ist es gerechtfertigt) oder möchte man es einfach verschweigen, weil derzeit grad eine strengere Bankenregulierung diskutiert wird?

V: Verpflichtungskredite
Verpflichtungskredite sollen mehrjährige Investitionsplanungen ermöglichen. Doch es ist nun langsam usus geworden, dass sich das Parlament nicht daran hält. So wurden in der Bildung und Forschung Gelder kurzfristig weniger gesprochen, die SVP versuchte DigiSanté (das Digitalisierungsprojekt im Gesundheitsbereich) zu schröpfen, und das Parlament betreibt bei der Armee eine stop and go Politik ohne sich an die gesprochenen Verpflichtungskredite zu halten. Das schadet der Planbarkeit.

W: Weinbau
10 Millionen zusätzlich für «Strukturverbesserungsmassnahmen im Weinbau» – zusätzliche Landwirtschaftssubventionen. In der Kommission fällte ich dagegen noch den Stichentscheid, weil ich die Prioritätensetzung falsch finde. Im beiden Räten flutsche die zusätzliche Subvention aber durch wie Butter.

X: X-Stunden Beratung
X-Stunden Beratungen, genauer gesagt 92 Stunden Kommissionssitzungen zum Budget 2026 gehabt,112 Anträge behandelt. Im Nationalrat dauerte die Beratung bislang 13 Stunden, sie wird nun fortgeführt bis zum Ende der Session. Dann ist auch die Leitung der Finanzkommission definitiv am Ende und mein Nachfolger übernimmt das Präsidium.

Z: Zinsen
10-25 Millionen Zinsen würde der Bund einsparen, wenn er einen Drittel der Swisscom-Beteiligung verkaufen würde, und die Schulden damit um 5 Milliarden reduzieren würde (oder so viel weniger neue Schulden machen, wenn das Geld gemäss Vorschlag von Ständerat Dittli für die Armee verwendet würde). Gleichzeitig würde er aber auf 230 Millionen an Dividendeneinnahmen verzichten müssen. Wahrlich ein guter Deal …