Kritische Würdigung an Prof. A. Loprieno

Foto: Universität Basel, Andri Pol
(Eine kritische Würdigung von Sarah Wyss zum Abschied von Antonio Loprieno als Rektor der Universität Basel, erschienen am 5.10.2014 in der “Schweiz am Sonntag”)

„Grüezi Frau Grossrätin“. Professor Antonio Loprieno, der Rektor der ältesten Schweizer Universität begrüsst mich immer respektvoll und freundlich. Dabei spielt es keine Rolle, ob ich ihn auf dem Weg in die Unicafeteria antreffe, mit ich mit ihm über die Auslagerung des Reinigungspersonals diskutiere oder ob wir uns an einer Sitzung begegne.

Nun geht er, der Mann, der eine bemerkenswerte akademische Laufbahn hinter sich hat. Er wurde in Italien geboren, studierte, forschte und lehrte in mehreren europäischen Ländern, in den USA und in Israel. Vor 14 Jahren kam der Ägyptologe und Sprachwissenschaftler nach Basel, sechs Jahre später wurde er Rektor.

Als Rektor suchte er stets den Konsens und das Gespräch. Besonders gefragt war sein Talent bei der Bologna-Reform. Er versuchte den Spagat zwischen dem angelsächsischen Hochschulsystem und der Wahrung der Tradition. Der Anschluss unserer Hochschule an das 21. Jahrhundert gelang ihm mit der Einführung von drei neuen interdisziplinären Masterstudiengängen, bei denen die Grenzen der einzelnen Königreiche, pardon: Fakultäten gesprengt wurden. Mit der Strategie 14 wurden wiederum, als Reverenz an ebendiesen Fakultäten 6 anstatt  der bisherigen 2 Schwerpunkte definiert. Er nahm nicht Rücksicht auf die Institute, sondern mit den Life Sciences auch auf unsere wirtschaftliche Grossmacht.

Dieser Abbau von Grenzen ist heute im universitären Alltag sichtbar. Unter seiner Leitung wurde das Sprachenzentrum errichtet. Mit der Stärkung und der Ausweitung von internationalen Kooperationen – namentlich im Oberrheingebiet – lebte er die internationale Lehre und Forschung Tag für Tag.

Während er viele Grenzen innerhalb und rund um die Universität durchbrach, blieb er stets einer Grenzziehung treu: Der Trennung zwischen Universität und Politik. Nie stütze er sich auf seine Macht als Rektor und Präsident der Rektorenkonferenz der Schweizer Universitäten, um sich in aktuelle politische Debatten einzumischen. Ich hätte mir gewünscht, dass er es manchmal getan hätte, beispielsweise, dass er im Voraus auf die fatalen Folgen der Masseneinwanderungsinitiative für Lehre und Forschung hingewiesen hätte. Er öffnete die Grenzen der Universität, schränkte sich aber aus Respekt vor der Politik („Grüezi, Frau Grossrätin“)  selber ein.

Ich danke Antonio Loprieno für seinen riesigen Einsatz im Dienste der Wissenschaft. Für seine private wie auch für seine berufliche Zukunft als Professor wünsche ich ihm von Herzen alles Gute.