JA zur Erbschaftssteuerreform

(Referat zur Abstimmung der Erbschaftssteuer-Reform vom 14. Juni 2015)

Ich möchte Ihnen heute die Erbschaftssteuer näher bringen. Zuerst zur aktuellen Situation der Schweiz, die zeigt, wie wichtig diese Reform ist.

Altersvorsorge: Die AHV muss langfristig finanziert werden. Die höhere Lebenserwartung führt dazu, dass immer weniger Erwerbstätige für die immer zahlreicheren AHV-Rentnerinnen und -Rentner bezahlen müssen. Für mich ist der Solidaritätsgedanke zwischen den Generationen der AHV wichtig und eine soziale Finanzierung ebenso. Es kann nicht sein, dass die Lohnnebenkosten für die ArbeitnehmerInnen erhöht werden müssen oder einkommensunabhängige Steuern wie die Mehrwertsteuer erhöht werden müssen. Das wäre unsozial.

Vermögensverteilung: Die Vermögensverteilung in der Schweiz ist höchst ungleich. 2% der Bevölkerung besitzen gleichviel wie die übrigen 98%. Diese Ungleichheit schadet sowohl der Wirtschaft wie auch der Zivilgesellschaft. Der Wirtschaft, weil die Nachfrage dadurch gebremst wird, weil Anlagemöglichkeiten für die Supervermögenden in der Realwirtschaft fehlen. Dies kann einerseits zu Finanzblasen führen, oder/und sich auf dem Immobilienmarkt niederschlagen. Dies ist auch für die Zivilgesellschaft gefährlich, weil ihre Lebensunterhaltskosten überproportional zum Lohn steigen. Dies sind nur einige Gründe, weshalb eine so ungerechte Vermögensverteilung ungesund und schädlich ist für die Schweiz.

Kapitalentlastungen: Das Kapital wurde schweizweit in den letzten Jahren massiv entlastet. Mit der Unternehmenssteuerreform II wurde die Halbierung der Besteuerung der Dividenden erreicht, die Unternehmenssteuer wurde vielerorts massiv gesenkt. Im gleichen Zug wurde die Erbschaftssteuer für direkte Nachkommen abgeschafft. In vielen Kantonen wurde auch die Handänderungssteuer abgeschafft und der Immobilienspekulation so Vorschub geleistet. In diesem Zusammenhang ist auch wichtig zu erwähnen, dass die MwSt. wie auch die Lohnnebenkosten im gleichen Zeitraum angehoben wurden. Für den Kanton Basel-Stadt bedeuten diese Senkungen 100 Millionen Mindereinnahmen bei der Gewinnsteuer, 50 Millionen Mindereinnahmen bei der Dividendenbesteuerung und durch die Erhöhung des Freibetrags der Vermögenssteuer entgehen dem Kanton jährlich nochmals 6 Millionen Franken. Basel-Stadt hat die Handänderungssteuer zum Glück nicht abgeschafft. Und Basel-Stadt hat auch alle Einkommen massiv entlastet, etwa mit 150 Millionen Franken.

Zusammengefasst kann gesagt werden, dass das Kapital entlastet wurde – in Basel-Stadt etwa gleich hoch wie die Einkommen, aber gesamtschweizerisch wurde das Kapital massiv mehr entlastet.  Diese drei grundlegenden Erkenntnisse führen mich dazu, die euch wohl bekannte Initiative zu unterstützen. Was will eigentlich die Initiative, resp. diese Reform?

  • Erhebung einer Bundeserbschaftssteuer: Grosse hinterlassene Vermögen und ausgerichtete Geschenke sollen besteuert werden.
  • Steuerhöhe: Dies mit einem im internationalen Vergleich sehr moderaten Steuersatz von 20%.
  • Der Freibetrag beträgt eine Summe von 2 Millionen. Das Dach über dem Kopf ist damit geschützt, und auch die Sparsamen, die beispielsweise 40 Jahre lang jährlich 50‘000CHF zur Seite gelegt haben, fallen damit unter den Freibetrag.
  • Jährliche steuerfreie Geschenke bis zu 20‘000 Franken pro Jahr und Beschenktem
  • KMU s und Landwirtschaftsbetriebe werden geschützt, denn falls ein Betrieb 10 Jahre lang weitergeführt wird, soll ein höherer Freibetrag z. Bsp. 50 Millionen und ein tieferer Steuersatz, beispielsweise 5% entrichtet werden. Genaueres muss das bürgerliche Bundesparlament entscheiden.
  • Abschaffung kantonale Erbschaftssteuern für Nicht-direkte Nachkommen.

Sie sehen, die Initiative ist einfach konzipiert. Es soll eine nationale Erbschaftssteuer eingeführt werden, die kantonale Erbschaftssteuer wird damit abgeschafft. Sie ist so simpel, so einleuchtend, dass die Gegner wohl nichts anderes können als mit der Pinocchio-Propagandakeule aufzufahren.

Anstatt Ihnen die Proargumente zu servieren, entschied ich mich mit den jeweiligen Gesetzesartikel vier der Gegenargumente zu widerlegen.

Die Erbschaftssteuerreform schadet den KMUs: Falsch. Im Initiativtext ist explizit festgehalten, dass eine Sonderregelung vorgesehen ist.
Art. 129a (neu) Erbschafts- und Schenkungssteuer
5 Gehören Unternehmen oder Landwirtschaftsbetriebe zum Nachlass oder zur Schenkung und werden sie von den Erben, Erbinnen oder Beschenkten mindestens zehn Jahre weitergeführt, so gelten für die Besteuerung besondere Ermässigungen, damit ihr Weiterbestand nicht gefährdet wird und die Arbeitsplätze erhalten bleiben.

Eingriff der Steuerhohheit der Kantone: Ich muss gestehen, dass ich nationale einheitliche Lösungen im Steuerbereich generell sinnvoller finde als das föderalistische Steuerdumpingsystem. Aber sogar das Steuerhoheits-Argument wäre dahingehend falsch, dass ein Drittel der Einnahmen den Kantonen bleiben, und zwei Drittel in de AHV-Ausgleichfonds einbezahlt werden müssten.
Art. 129a, Abs. 1, BV
1 Der Bund erhebt eine Erbschafts- und Schenkungssteuer. Die Steuer wird von den Kantonen veranlagt und eingezogen. Zwei Drittel des Ertrages erhält der Ausgleichsfonds der Alters- und Hinterlassenenversicherung, ein Drittel verbleibt den Kantonen.

Das ewige Argument der Mehrfachbesteuerung: Die grossen Vermögen entstehen heute meist an der Börse. Und diese Kapitalgewinne werden in der Schweiz als einziges Land nicht versteuert. Dies ist im Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer geregelt. Von Mehrfachbesteuerung zu sprechen ist deshalb schlicht falsch. Es wird zudemkeine neue Steuer eingeführt, sondern nur der kantonale Flickenteppich bei der Erbschaftssteuer vereinheitlicht und reformiert.
Art. 16 Abs. 3, DGB
Die Kapitalgewinne aus der Veräusserung von Privatvermögen sind steuerfrei.

Familienfeindliche Initiative: Ich habe vorhin bereits erwähnt, dass der Freibetrag mit 2 Millionen meines Erachtens sehr hoch angesetzt wurde. Mit einem solchen Freibetrag, wird es eine steuerfreie Übertragung eines Einfamilienhauses oder Eigentumswohnung möglich sein. Wir sahen vorher die Steuerfreibeträge für nichtdirekte Nachkommen bei der Erbschaftssteuer. Die lagen in BS bei 10‘000CHF, 2 Millionen sind also extrem hoch gesetzt, und weil dem Ehepartner sogar steuerfrei geerbt werden kann, ist der Freibetrag sogar 4 Millionen.
Art. 129a (neu) Erbschafts- und Schenkungssteuer
3 Der Steuersatz beträgt 20 Prozent. Nicht besteuert werden:
die Teile des Nachlasses und die Schenkungen, die dem Ehegatten, der Ehegattin, dem registrierten Partner oder der registrierten Partnerin zugewendet werden

Die Rückwirkung ist unverschämt: Die Initiative betrifft nur Erbschaften, die nach Inkrafttreten der Initiative anfallen (frühestens 2016). Es wird niemand Erbschaftssteuern nachzahlen müssen. Hingegen werden ab 2012 Schenkungen von mehr als 20‘000 Franken pro Beschenkten und Jahr dereinst dem Nachlass zugeschlagen.
Übergangsbestimmung: […] am 1. Januar des zweiten Jahres nach ihrer Annahme als direkt anwendbares Recht in Kraft. Auf den gleichen Zeitpunkt werden die kantonalen Erlasse über die Erbschafts- und Schenkungssteuer aufgehoben. Schenkungen werden rückwirkend ab 1. Januar 2012 dem Nachlass zugerechnet.

Sie sehen, die Erbschaftssteuerreform-Initiative schadet aufgrund der Spezialregelung den KMUs nicht. Sie verunmöglicht keine Weitergabe von Einfamilienhäuschen oder Eigentumswohnungen, da der Freibetrag sehr hoch gewählt wurde. Zudem ermöglicht die Reform, die AHV mitzufinanzieren, sodass diese Kosten nicht auf Lohnnebenkosten oder MwSt. abgewälzt werden müssen. Auch die Kantone erhalten einen Drittel der Einnahmen. Die Initiative schafft auch die kantonale Erbschaftssteuer ab. Dies erscheint mir zentral, weil beispielsweise im Kanton direkte Nachkommen von der Erbschaftssteuer befreit sind, indirekte Nachkommen hingegen, haben einen Freibetrag von 10‘000CHF, was mir als sehr wenig erscheint.

Soweit das Wichtigste zu dieser Vorlage. Ich selbst unterstütze diese Initiative, die gerade mal 0.7% der Bevölkerung betrifft. Denn laut Steuerstatistik haben tatsächlich gerade mal 0.7% der Steuerpflichtigen ein Vermögen von mehr als 4 Millionen Franken.