Inputreferat an der Delegiertenversammlung der SP Basel-Stadt “JA zur Abzocker-Initiative”

Notizen und Argumentationen für die Präsentation an der Delegiertenversammlung der SP BS vom 29.1. Die SP Basel-Stadt hat die JA-Parole beschlossen. (es gilt das gesprochene Wort)

Liebe Genossinnen und Genossen

Die Abzocker-Debatte beschäftigt uns seit Jahren, bereits vor der Wirtschaftskrise wurde sie zum Thema. Minder hat eine Initiative formuliert, die die Lohnexzesse einschränken soll und den Eigentümern mehr Einflussmöglichkeiten gibt.

Zu Beginn muss ich euch sagen, dass ich die Initiative zwar unterstütze, weil es einige wichtige Forderungen drin hat. ABER: Weder die Initiative noch der direkte Gegenvorschlag löst die Lohnungleichheiten, die Lohnschere nimmt weiterhin zu. Die 1:12-Initiative der JUSO mit der Lohnbandbreite und die Mindestlohn-Initiative sind bessere Mittel um die Lohngerechtigkeit einzuhalten. Und trotzdem ist es wichtig, dass wir die Minder-Initiative unterstützen, denn sie enthält einige wichtige Forderungen.

Die Initiative beinhaltet 24 Forderungen, ich werde aus zeitlichen Gründen nicht auf alle Forderungen detailliert eingehen können.

Drei Restriktionen zur sind aus meiner Sicht entscheidend:
– Abgangsentschädigungen verboten (keine goldene Fallschirme mehr)
– Vorauszahlung verboten (dies ist wichtig um die Hintertür zu schliessen, dass Unternehmen mit der Geschäftsleitung 10-Jahresverträge abschliessen und mit der Lohnvorzahlung de facto einen goldigen Fallschirm basteln)
– Verbot der Prämie für Firmenverkauf (Das Topmanagement soll keine Prämie erhalten, wenn das Unternehmen verkauft wird – beispielsweise ins Ausland). Oft gehen bei solchen Verkäufen nämlich auch Arbeitsplätze verloren.

Widerhandlungen gegen diese Bestimmungen können mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren und Geldstrafe bis zu sechs Jahresvergütungen bestraft werden. Die Initiative bringt also Sanktionsmöglichkeiten mit sich. Strafrechtsprofessor Martin Killias sagte in den Medien dazu: «[…] Abzocker müssen  bestraft werden können. Ich bin  überzeugt: Dies wird auch eine präventive  Wirkung erzeugen. […]»

Die Aktionäre bekommen mehr Bedeutung. Dies mag vielen von euch ein Dorn im Auge sein, denn wir sind nicht gerade bekannt dafür den Akkumulanten des Kapitals noch mehr Macht zu geben. Die Initiative verlangt konkret folgendes:

  1. Die Generalversammlung stimmt jährlich über die Gesamtsumme aller Vergütungen (Geld und Wert der Sachleistungen) des Verwaltungsrates, der Geschäftsleitung und des Beirates ab.

 Sie wählt jährlich die Verwaltungsratspräsidentin oder den Verwaltungsratspräsidenten und einzeln die Mitglieder des Verwaltungsrates.

Der Verwaltungsrat ist das strategische Organ eines Unternehmens und delegiert den operativen Teil an die Geschäftsleitung. Deshalb muss sich m.E. der Verwaltungsrat regelmässig also jährlich der Aktionärsversammlung stellen. Diese Kontrolle führt dazu, dass der Verwaltungsrat seine Funktion besser wahrnimmt.

Gegenargumente? Nein, sie sprechen nicht gegen die Initiative.

„Die Aktionäre, also die Eigentümer bekommen zu viel Macht und können über das Unternehmen entscheiden!
Hier gibt es zwei Gegenargumente, die ich erwähnen will:
– Die rein marktwirtschaftliche heisst: Die Eigentümer tragen die Verantwortung, resp. das Risiko mit ihrem Aktienkapital. Deshalb sollen sie über das Vergütungssystem entscheiden und ein akzeptiertes starkes Kontrollorgan sein.
– Und hier etwa spreche ich nicht als neoliberale Bürgerliche: Jede und jeder von uns ist Eigentümer oder Eigentümerin. Naja mit Ausnahme von mir, weil ich noch nicht Pensionskassenpflichtig bin, da ich mein 25. Lebensjahr noch nicht erreicht habe.
Die Pensionskasse ist Aktionärin. Und wie sie abstimmt, geht uns alle etwas an. Es sind eure Gelder! Eure Gelder, die ihr euch erarbeitet habt. Minder verlangt explizit, dass die PK im Interesse des Versicherten an der GV abstimmen muss und auch ihre Entscheidungen offen legen muss. Dies sind zwei wichtige Ergänzungen im Initiativtext.  Die Pensionskassen halten 8% von den Aktien, die es in den an Schweizerbörse kotierten Unternehmen gibt. Dies ist ein beträchtlicher Anteil.

Die Entscheidungskompetenz des Verwaltungsrates in einem gewissen Sinne einzuschränken, resp. stärker zu kontrollieren  macht also durchaus Sinn. Denn es kann doch nicht sein, dass der Verwaltungsrat seinen eigenen Lohn bestimmt. Ich nenne das Inzest.

„Die Initiative schadet der Schweizer Wirtschaft, Unternehmungen werden ins Ausland abwandern!“
Liebe Genossinnen und Genossen, ich denke nicht, dass ich auf diese Argumentation lange eingehen muss. Denn erstens gehe ich nicht davon aus, dass Unternehmen deshalb die Schweiz verlassen werden. Denn die  Schweiz hat hervorragende Standortfaktoren.  Zudem sind solche Diskussionen um Regelungen auch in anderen europäischen Ländern in Diskussion. Und in Norwegen und Schweden sind ähnliche Mechanismen bereits vorhanden. Und zweitens liebe Genossinnen und Genossen: Sollten trotzdem 1-2 Unternehmen die Schweiz verlassen, dann muss ich euch sagen: Sollen wir uns von denen erpressen lassen und aufhören Politik zu machen? NEIN. Die Politik macht die Gesetze und nicht die Wirtschaft.

„Die Initiative betrifft nur 300 Unternehmen, nämlich jene, die an der Schweizerbörse kotiert sind!“
Dies stimmt, macht aber durchaus auch Sinn. Wenn wir schauen, welche Unternehmen in der Vergangenheit die goldensten Fallschirme bezahlt haben, und hunderte von MitarbeiterInnen entlassen haben.

„Der Gegenvorschlag ist besser als die Initiative!“
Der Gegenvorschlag ist in der jetzigen Fassung keine wirkliche Alternative. Die einzige Verbesserung zur Initiative, nämlich eine Bonussteuer ab 3 Millionen, wurde in letzter Minute im Parlament verworfen. Somit bringt der direkte Gegenvorschlag, der bei einer Ablehnung der Initiative in Kraft treten würden (untersteht dem Referendum) zwar eine Verbesserung der aktuellen Rechtsgrundlage, aber sie ist weniger verbindlich als die Initiative.

Das Thema geht uns nichts an. Ob nun der VR oder die Aktionäre entscheiden, spielt keine Rolle. Sie vertreten beide nicht unsere Interessen!“
Wie bereits vorher gesagt, sind wir alle AktionärInnen mit der Pensionskasse.  Und deshalb müssen wir interessiert sein, was mit den Pensionskassengelder geschieht, resp. wo diese angelegt werden. Deshalb ist diese Kontrolle durch die Aktionäre wichtig.

Die Ja-Parole haben folgende Parteien beschlossen (Stand: 28.1.2013)

  • SPS, Grüne Partei Schweiz, EVP, CSP, EDU, JUSO
  • SVP der Kantone Glarus, Zürich und Aargau, CVP Kanton Waadt
  • Aktionäre für nachhaltiges Wirtschaften ACTARES
  • einzelne Führungspersönlichkeiten aus der FDP

Die EconomieSuisse ist dagegen. Und dies spürt man auch. Sie fahren eine millionenschwere Kampagne und bezahlen Studenten um Leserbriefe zu verfassen.

Liebe Genossinnen und Genossen

Die Initiative löst die Lohnungleichheiten in der Schweiz und international nicht, sie ist alles andere als das Gelbe vom Ei. Und auch ich stehe der Aktionärsdemokratie sehr kritisch gegenüber.  Aber die Initiative hat einige wichtige Regelungen:
–         Keine goldigen Fallschirme mehr
–         Jährliche Wahl des VR
–         Keine Organ- und Depotstimmen
–         Pensionskasse muss im Interesse der Versicherten abstimmen

Deshalb empfehle ich euch, dass die SP  Basel-Stadt die JA-Parole beschliesst, sich aber vor allem für wirkliche Lösungen stark macht, mit der JUSO 1:12-Initiative und mit der Mindestlohn-Initiative. Zwei Instrumente, welche viel wirksamer sind als die Abzocker-Initiative.

Danke für eure Aufmerksamkeit