Nächste Station: Arbeitsbedingungen

Die Pflegeinitiative muss endlich umgesetzt werden. Die Ungeduld ist berechtigt. Nach dem Start der Ausbildungsoffensive geht es nun im zweiten Teil um die Forderung zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Doch dies nur schleppend. 

Der Bundesrat schlägt zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen einen bunten Strauss an Massnahmen vor (hier nachlesbar). Nicht alle haben die gleiche Tragweite und nicht alle sind gleich griffig oder konkret. In der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) beraten wir nun dieses Geschäft. 

Die Umsetzung der Pflegeinitiative ist eine Herzensangelegenheit für mich – einerseits aufgrund der überdeutlichen Annahme der Initiative, andererseits weil ich überzeugt bin, dass die Umsetzung für die Versorgungssicherheit auch für die Menschen, welche in diesem Beruf arbeiten, von zentraler Bedeutung ist. 

Nun, was gibt es denn schon Konkretes über die zweite Etappe, also der Verbesserung der Arbeitsbedingungen, zu berichten? 

Ganz generell:
Neues Bundesgesetz über anforderungsgerechte Arbeitsbedingungen in der Pflege (APG) 

Der Bundesrat möchte zur konkreten Umsetzung der Massnahmen ein neues Bundesgesetz erlassen. Damit kann situativer und auch rascher an Verbesserungen gearbeitet werden, zumal das Arbeitsgesetz nicht «geöffnet» wird, was ich begrüsse. Ausserdem werden damit die Sozialpartner verpflichtet, Gespräche über die Verbesserung der Arbeitsbedingungen aufzunehmen und über den Abschluss eines Gesamtarbeitsvertrags zu verhandeln. Eine GAV-Pflicht ist rechtlich leider auf Bundesebene nicht möglich. 

Und nun etwas konkreter zu einer Auswahl von Massnahmen: 
(alle Massnahmen kannst du hier nachlesen) 


Lohnzuschläge für kurzzeitige Arbeitseinsätze (Massnahme 2.1.2)
Kurzfristige und kurzzeitige Arbeitseinsätze sind Realität – gerade in Zeiten des Fachkräftemangels. Doch diese verlangen eine enorme Flexibilität und können zerren. Bereits heute kennen einige Betriebe einen Lohnzuschlag für solche Einsätze. Ich begrüsse diesen auch zu offizialisieren, wobei einerseits die «Kurzfristigkeit» definiert werden muss, es andererseits aber eine Abstufung braucht, mit welcher Vorlaufzeit die Person für den Einsatz angefragt wurde. 

Verpflichtung zur Erarbeitung von Empfehlungen zum optimalen Skill-Grade-Mix (Massnahme 2.1.3)
«Genügend gut qualifiziertes und adäquat eingesetztes Pflegepersonal ist ein zentrales Element zur Sicherung der Qualität in der Pflege.», meint der Bundesrat in seinem Vorschlag. Dem ist in dieser Form nichts anzufügen. Ein Skill-Grade-Mix ist wichtig, also welche Ausbildungen die Pflege haben sollten. Daneben braucht es zwingend auch eine «nurse-to-patient-ratio». Diese quantifiziert die Anzahl Pflege pro Patient:in. Sie erhöht die Pflegequalität und senkt im besten Fall die Kosten, die Burnout- und erhöht Rückkehr-Quote.[1]Ziemlich viele Fliegen auf einen Schlag! Unverständlich, weshalb es so lange dauert bis eine solche Massnahme kommt. 

Regulierung Advanced Practice Nurse (APN) im Gesundheitsberufegesetz (Massnahme 3.2)
Die Rolle der «APN» sollte im Gesundheitsberufegesetz geregelt werden, um einerseits ein einheitliches Kompetenzprofil und andererseits die Versorgungsqualität sicherzustellen. Dies erachte ich als sinnvoll. Selbstverständlich braucht es auch genügend Ausbildungsplätze, weshalb eine Ausbildungsverpflichtung auch für APN zielführend wäre. 

Stärkung der Langzeitpflege (Massnahme 3.5) 
Die Analyse des Bundesrates ist natürlich völlig richtig. Aufgrund der Demografie entwickelt sich die Langzeitpflege zu einem immer grösseren Zweig, wodurch sich auch der Fachkräftemangel akzentuiert. Leider ist die Massnahme hier überaus unkonkret. Wenn da steht, es würde geprüft, ob die Imagekampagne für Quereinsteigende verlängert werden soll, dann stellt es mir die Nackenhaare. Wir brauchen nicht noch mehr Hochglanzprospekte und APG-Plakat. Diese können Teil der Strategie oder Mittel zum Zweck sein, aber niemals die zentrale Massnahme. 

Wie ihr sehen könnt, bin ich in der Summe nicht gänzlich unzufrieden mit den Massnahmen. Aber es fehlen aus meiner Sicht konkretere Massnahmen. So beispielsweise wäre es wichtig, dass Investitionen in die Pflege möglich sind – beispielsweise durch Vorfinanzierungen der Kantone. Dafür bräuchte es sinnvollerweise interkantonale Vereinbarungen. Des Weiteren soll auch verhindert werden, dass investiertes Geld unnötig in Drittfirmen wie Temporärfirmen fliesst. Deshalb muss alles daran gesetzt werden, dass der Anteil an Temporärmitarbeitenden gering gehalten wird. Dies ist auch für die Versorgungsqualität – je nach Fachgebiet in unterschiedlichem Ausmass – wichtig. 

Und nun zum Schluss: All diese Massnahmen verpuffen, wenn sie nicht pder erst in 10 Jahren umgesetzt werden. Deshalb sind Bund, Kanton und Leistungserbringer gefordert, endlich vorwärts zu machen 


[1] https://www.pflege-pbs.ch/wp-content/uploads/2020/01/0-1903_DE_Nurse-to-patient_ul_low.pdf (zuletzt besucht 10.4.2024)