Rede anlässlich der Demonstration der Physiotherapeut:innen am 17.11.2023 in Bern – es gilt das gesprochene Wort
Wir in der Politik unterstützen: Ambulant vor stationär!
Das ist einerseits aus Patient:innensicht oftmals so gewünscht und macht auch gesundheitspolitisch Sinn.
Wir fördern den medizinischen Fortschritt: Die Bevölkerung wird auch dadurch immer älter.
Doch wer setzt denn diese Strategien in der Praxis um? Ihr, liebe Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten.
Doch es ist klar: Ohne euch gibt es keine Versorgungssicherheit.
Der Zugang zur Physiotherapie darf nicht zu einem Luxusgut für jene werden, die es sich leisten können.
Die Gesundheitsversorgung von heute und vor allem von morgen braucht eine gesunde und qualitativ hochstehende Physiotherapie. Und ja, auch wir alle als Patientinnen und Patienten brauchen euch. Die Leistungen zu brauchen heisst, dafür zu sorgen, dass es faire Arbeitsbedingungen gibt. Und dafür ist ein fairer Tarif ein wichtiger Baustein.
Der Beruf der Physiotherapeut:innen muss attraktiv sein, dass wir auch in Zukunft genügend Fachpersonen haben, welche die Qualität für die Behandlung sichert.
Liebe Anwesende
Ich bin froh und dankbar, dass heute so viele Menschen gekommen sind.
Seit der Ankündigung des Tarifeingriff habe ich täglich viele Nachrichten erhalten. Die Angst, dem Qualitätsanspruch nicht mehr genügen zu können, die Unkosten schlicht nicht mehr decken zu können, sind gross. Eine Physiotherapeutin, Monika, sagte zu mir: „Ich arbeite teilzeit, mit dieser Art des Tarifeingriffs kann ich finanziell nicht überleben. Ich werde mir dann überlegen müssen, in einem Fitnessstudio zu arbeiten, denn ich habe eine Familie zu Hause.“
Aber auch Berufskolleg:innen machen sich Sorgen. Wie soll die Versorgungskette gewährleistet werden, wenn die Physiotherapie geschwächt wird, wenn sie doch eigentlich gestärkt werden müsste? Erika, eine Fachperson aus einer Geriatrie fragte mich: „Wer macht die Nachsorge meiner betagten Patient:innen, wenn sie das stationäre Setting verlassen? Was soll ich meinen Patient:innen sagen, wenn es zu wenige Physiotherapieplätze gibt? Soll ich sie einfach hier im Spital behalten? Das kann ich doch nicht. Wir haben hier auch zu wenig Fachpersonen, gerade in der Pflege.„
Aber es sind längst nicht mehr nur Fachpersonen, welche sich bei mir gemeldet haben. Menschen, Patient:innen, welche von der Physiotherapie profitiert haben, welche auf die Physiotherapie angewiesen sind, haben sich gemeldet. Auch deren Angst ist gross. Ein Herr, ich nenne ihn Mark, erzählte mir es am Telefon so: „Wissen sie, ich muss 1x pro Woche zur Physiotherapie. Aber ich habe Angst, dass mein Physiotherapeut den Beruf verlässt. Was passiert dann mit mir?“
Ja, alle sind betroffen, wenn die Physiotherapie geschwächt wird. Alle.
Liebe Anwesende: Es braucht Änderungen. Der Tarif wurde seit 30 Jahren nicht angepasst! Es braucht einen Tarif, der auf Basis einer soliden Datengrundlage erstellt wurde und die Auswirkungen der Anpassung bekannt ist. Wir können und sollten es uns nicht leisten, diesen wichtigen Akteur dem Zufall zu überlassen.
Ich bin dankbar, dass über 270’000 Menschen diese Petition mitunterzeichnet haben. Ich bin dankbar, dass heute über 10’000 Menschen – viele Berufsleute, aber auch Patient:innen anwesend sind und für eine starke Physiotherapie einstehen. Die Politik braucht euch! Ich danke euch von Herzen für euer Engagement, heute auf dem Bundesplatz, aber auch jeden Tag in der Praxis oder im Spital.