Das Gesundheitswesen am Anschlag – selbstverschuldet?

Die neusten Zahlen schockieren: Die Kinder- und Jugendpsychiatrie wird beinahe überrannt. Die stationären Aufenthalte nehmen um über 25% zu. Wartelisten von zwei Jahren für Abklärungen und ambulante Therapien sind keine Seltenheit. Der Fachkräftemangel bringt das System an die Grenze.

Gleichzeitig diskutiert Bundesbern, wie der Kostenzunahme/ steigenden Kosten und der Prämienexplosion begegnet werden kann. Lösungen sind in weiter Ferne. Interessen prallen aufeinander.

Die neusten Zahlen und Erkenntnisse schockieren und werfen viele Fragen auf. Weshalb diese Zunahme? Steht unser Gesundheitswesen vor dem Kollaps? Gibt es nun zu wenig oder zu viel Angebot?

Auf diese einfachen Fragen gibt es keine einfachen Antworten. Klar ist: Die Situation vieler Jugendlichen ist fragiler geworden, sie benötigen häufiger Unterstützung. Und es ist ein Armutszeugnis, wenn die Schweiz die notwendige Unterstützung nicht erbringen kann. Mit den langen Wartelisten wird es wohl mittelfristig mehr Notfälle geben, frühzeitige Intervention werden verunmöglicht. Leidtragende sind vor allem die jungen Menschen. Aber auch die Belastung der Angehörigen und der Schulen steigt. Diese Art der Versorgung wird uns nebst den menschlichen Schicksalen in Zukunft noch viel teurer zu stehen kommen.

Es ist deshalb endlich an der Zeit, unser Gesundheitswesen wirklich zu reformieren. Die vergangene Pflästerlipolitik hat ausgedient, die Privatisierung des Gesundheitswesens ist gescheitert. Das siloartige und innerhalb der kantonsgrenzen agierende Versorgungssystem hat schon längst ausgedient. Alle Akteure müssen nun gemeinsam an den Tisch sitzen und zum Wohle einer nachhaltigen Versorgung muss der gotische Knoten gelöst werden.

  • Die finanziellen Fehlanreize, welche darauf beruhen, dass mehr Leistung auch mehr Einkünfte bedeutet, müssen beseitigt werden. Der Finanzierungsmechanismus muss den Bedürfnissen der Versorgung dienen. Nicht umgekehrt.
  • Es braucht endlich grossräumigere Versorgungsregionen, welche sich an den Lebensräumen orientieren und nicht länger an Kantonsgrenzen Halt machen.
  • Die Digitalisierung soll Doppelspurigkeit vermeiden und die Versorgung verbessern. Das Faxzeitalter ist definitiv vorbei, das heutige Elektronische Patientendossier in dieser Form gescheitert. Es braucht eine Neuauflage und anderen Bedingungen.
  • Die Vorsorge muss gestärkt werden um, Prävention ist kein Schimpfwort, sondern dient dem Wohle der Menschen und dem Portemonnaie. Das investierte Geld ist es wert und erspart uns nicht nur finanziell vieles, sonders vor allem menschliche Schicksale.
  • Die Forschung und Innovation müssen weiter vorangetrieben werden, um die Gesundheit der Menschen zu erhalten und Krankheiten zu bekämpfen.

Wir möchten weiterhin eine hervorragende Versorgung für die Menschen in der Schweiz, Fachkräfte wie Pflegepersonal und Ärzt:innen, welche sich mit Herzblut für die Gesundheit aller einsetzen. Doch es wird keine einfache Aufgabe sein den grössten Wirtschaftszweig in der Schweiz – mit rund 80 Milliarden – grundlegend zu reformieren. Aber es ist im Interesse von uns allen! Gehen wir es an.