Prämien fressen Haushaltbudget

Ein Beitrag aus dem Magazin Comparis, der sogenannten Konsumentenstimme

Die steigenden Prämien belasten Haushalte mit unteren und mittleren Einkommen besonders stark. Zur Entlastung braucht es endlich Prämienverbilligungen, welche diesen Namen verdienen. Denn: Diese Entlastung fördert auch die Kaufkraft.

Die Gesundheitsausgaben stiegen alleine in den letzten 10 Jahren um 33 Pro- zent auf 83 Milliarden Franken an. Dies unter anderem wegen des medizinischen Fortschritts und der demographischen Entwicklung. Deutlich stärker als die gesamten Gesundheitskosten wuchs aber der mit den Grundversicherungsprämien bezahlte Kostenanteil, nämlich im gleichen Zeitraum um 39 Prozent. Der Anteil der Grundversicherungsprämien des Haushaltsbudgets von tiefen Einkommen stieg von 10 Prozent (2010) auf 14 Prozent (2020) – dies unter Berücksichtigung der Prämienverbilligungen. Und hier sind weitere Kosten bei Leistungsbezug wie Franchise, Selbstbehalt oder Leistungen ausserhalb des Leistungskatalogs noch gar nicht miteingerechnet. Bei den einkommensschwachen Haushalten variiert die Prämienbelastung je nach Kanton ebenfalls stark. So werden die Anspruchsberechtigungen kantonal unterschiedlich berechnet und auch der Anspruch darauf ist in den einzelnen Kan- tonen unterschiedlich. Die Prämienbelastung für Haushalte in wirtschaftlich bescheidenen Verhältnissen, so belegt es eine Analyse aus dem Jahr 2017, ist seit 2014 weiter angestiegen. Bei den ärmsten 10 bis 20 Prozent bzw. 20 bis 30 Prozent deckt die Prämienverbilligung 15 bzw. 7 Prozent der Finanzierungslast.

„Wirtschaftlich schwächere Haushalte

müssen flächendeckend besser entlastet

werden.“

Zusätzlich zu den Mietzinsen, der Inflation und den nun auch steigenden Energiepreisen ächzen ökonomisch schwächere Haushalte unter dem Prämienanstieg. Denn diese Prämienkosten fallen unabhängig der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit an.

Die Prämienverbilligung sollte – nebst der Anstrengung für kostendämpfende Massnahmen – Abhilfe schaffen. Doch anstatt diese steigende Prämienlast abzufedern, haben zahlreiche Kantone in den letzten Jahren auf dem Buckel der Prämienverbilligungen ihre Kantonsfinanzen saniert. Gerade erst im Januar 2019 wurde der Kanton Luzern vom Bundesgericht zurückgepfiffen und musste seine Entlastungsbeiträge bei Personen mittleren Einkommens erhö- hen. Nun ist es an der Zeit, dass die Politik tragfähige Lösungen für die Finanzierung des Gesundheitswesens findet.

Mit dem Vorschlag der SP-Prämienentlastungsinitiative soll die Kopfprämie maximal 10 Prozent des verfügbaren Einkommens ausmachen. Davon profitieren untere wie auch mittlere Einkommen. Der Gegenvorschlag des Nationalrates vom Juni 2022 schwächt die Initiative zwar ab, aber nimmt die Kantone in die Pflicht und erhöht die Prämienverbilligungen substanziell. Sollte der Ständerat diesem minimalen Gegenvorschlag nicht folgen, werden wir sicherlich in Kürze über die Volksinitiative abstimmen.

Es ist aber auch Aufgabe der Politik, nicht nur eine flächendeckende Entlastung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu ermöglichen, sondern auch die Systemfehler anzugehen. Denn nur so können wir langfristig eine bezahlbare und qualitativ hochstehende Gesundheitsversorgung für alle garantieren. Im Gesundheitswesen bringt mehr Wettbewerb weder eine bessere Qualität noch weniger Kosten – im Gegenteil. Der finanzielle Anreiz im heutigen Gesundheitswesen ist die Quantität der Leistungen und nicht die Qualität. Je mehr an Leistungen «verkauft» werden, desto mehr wird eingenommen. Dies führt unweigerlich zu einer Mengenausweitung, welche nicht bedarfsorientiert, sondern finanzgetrieben ist. Deshalb ist eine sinnvolle Regulierung im Sinne der Patientinnen und Patienten und der Konsumierenden – den Steuer- und Prämienzahlenden – unabdingbar.

Des Weiteren müssen die Zuständigkeiten zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden sinnvoll organisiert werden. Heute setzt beispielsweise der Bund die Preise der Medikamente fest, andere Vergütungen wie beispielsweise Tarife für Leistungserbringende oder planerische Regulatorien obliegen jedoch den Kantonen. Dieser föderale Flickenteppich und der Mix der Zuständigkeiten sind schädlich. Seit Langem werden deshalb Gesundheitsregionen gefordert, welche die Versorgungsräume repräsentieren und eine bedarfsgerechte Ver- sorgung aller ermöglichen. Dies nützt nicht nur den Menschen, sondern vor allem auch ihrem Geldbeutel.