Die Verantwortung der Schweiz in der globalen Gesundheit – mit mässigem Enthusiasmus

Weltweit fehlen gemäss WHO bis 2030 18 Millionen Gesundheitsfachleute. Dieser globale Mangel gefährdet Gesundheitssysteme in Ländern, deren Gesundheitssysteme schwach sind und deren Bevölkerung eine hohe Krankheitslast tragen. Damit finanzstarke Länder den Ländern mittleren und niederen Einkommens nicht das wenige Gesundheitspersonal, in deren Ausbildung diese investiert haben, abziehen, legt die internationale Gemeinschaft einen ethischen Rahmen in der Rekrutierungspraxis fest, den WHO-Kodex zur Rekrutierung von Gesundheitspersonal.

Der WHO-Kodex ruft insbesondere dazu auf, dass jedes Land gemäss dem eigenen Bedarf genügend Gesundheitspersonal ausbildet und dieses auch im System behält. Die Schweiz wird auch in naher Zukunft Pflegende aus ressourcenschwachen Ländern anziehen. Damit ist sie Teil des gefährlichen internationalen Spiels, welches den Ländern mit einem schwachen Gesundheitssystem, das wenige Personal wegnimmt.

Nun hat die Schweiz im letzten Jahr die Pflegeinitiative sehr eindeutig angenommen. Diese könnte für die Einhaltung des WHO Kodex zum regelrechten «game changer» werden. Werden nämlich hierzulande mehr Pflegende ausgebildet und noch dazu mehr Pflegepersonal durch attraktivere Arbeitsbedingungen im Beruf gehalten, so kann dem Problem der Abwanderung von Gesundheitspersonal aus ärmeren Ländern entgegengewirkt werden. Wie wir aber derzeit sehen, stockt es bei der Umsetzung der Pflegeinitiative. Ob es am mangelnden politischen Willen liegt oder mehr an strukturellen Problemen, sei mal dahingestellt. Wichtig erscheint es aber, dass die Umsetzung mit dem allgemeingültigen WHO Kodex einigermassen abgestimmt ist. Daher habe ich im März eine Interpellation eingereicht, welche Antworten auf die brennendsten Fragen in dieser Hinsicht forderte (siehe unten).

Nun hat der Bundesrat Stellung bezogen. Dieser nutzt die Gelegenheit, um auf die Errungenschaften und guten Taten seinerseits aufmerksam zu machen. Er bekennt sich zur WHO und zum WHO Kodex. Die Schweiz habe bisher an allen Berichterstattungen (2012, 2015, 2018, 2021) teilgenommen, da zeige sich der jeweilige Fortschritt der Umsetzung des Kodex. In der bundesrätlichen Antwort werden lauter Unternehmungen vonseiten des Bundes geschildert, die zur Erfüllung dieses Kodex hätten dienen sollen. Es ist schön zu sehen, dass an kleinen Schrauben gedreht wird. Die Antworten des Bundesrates wirken positiv und konsistent. Bedenkt man aber, dass sich dieser in der Abstimmung noch gegen die Pflegeinitiative gestellt hatte und wir noch heute auf eine zügige Umsetzung warten, so sind die Versprechungen plötzlich um einiges unglaubwürdiger.

So ist zu hoffen, dass der Bund auf allen Ebenen weiter vorwärts macht, die Pflegeinitiative zufriedenstellend umsetzt, damit an den kommenden Berichterstattungen zum WHO Kodex weiterhin musterschulartig von Erfolgen berichtet werden kann. Denn die Einhaltung des WHO Kodex ist für die Schweiz Pflicht, will man dem oben geschilderten, weltweiten Problem des Pflegekraftmangels Gegensteuer geben.

Die Fragen meiner Interpellation:

1. Wo steht die Schweiz in der Umsetzung des WHO-Kodexes gemäss der regelmässigen Berichterstattung der Schweiz dazu gegenüber der WHO?

2. Was tut die Schweiz zum bezüglich des im Kodex geforderten Aufbaus und der Erhaltung des eigenen Gesundheitspersonals? Wie sind diese Bemühungen in der Umsetzungsstrategie der Pflegeinitiative eingebettet?

3. Teilt der Bundesrat die Einschätzung, dass der WHO-Kodex einen tauglichen Rahmen bildet, um eine ethische grenzüberschreitende Rekrutierungspraxis sicherzustellen?

4. Welche Rolle misst der Bundesrat der Gesundheitspersonalfrage in seiner Gesundheitsaussenpolitik zu?

5. Ist der Bundesrat bereit, sich international, insbesondere im Rahmen seiner Mitarbeit in internationalen Organisationen wie der WHO, sich für die Stärkung des WHO-Kodex und dessen Respektierung einzusetzen?

6. Welche Rolle spielt die Förderung der Ausbildung von Gesundheitspersonal in der internationalen Zusammenarbeit der Schweiz? Tut hier die Schweiz genügend oder liesse sich dieser BerufsbiIdungsbereich in der IZA weiter stärken?

Die ganze Interpellation und deren Beantwortung findet sich unter diesem Link.