Die Situation ehemaliger Heim- und Pflegekinder ernst nehmen und verbessern

(Medienmitteilung vom 22. Februar 2022 von mir, Marc Baumeler und CareleaverSchweiz)

Werden Heim- und Pflegekinder erwachsen, stehen sie vor einer Reihe von Herausforderungen: selbständiges Wohnen, Übernahme administrativer Aufgaben, Abschliessen der Ausbildung und noch vieles mehr. Die Situation der sogenannten Careleaver:innen ist unbefriedigend, da ihnen bei der Bewältigung dieser Herausforderungen immer noch viel zu oft Steine in den Weg gelegt werden. Das will eine engagierte Gruppe aus Politiker:innen, Fachpersonen und Betroffenen nun ändern und Gesetzeslücken schliessen.

In den letzten Monaten hat u.a. die Betroffenenorganisation «Careleaver Schweiz» auf den Missstand aufmerksam gemacht und sich politisch stark vernetzt. Sarah Wyss, Nationalrätin sagt: «Es ist wichtig, dass die breite Öffentlichkeit die Situation kennt. Denn nur so können Verständnis geschaffen und schliesslich die notwendigen strukturellen Veränderungen erzielt werden.» Eine Gruppe aus Politik, Fachwelt und Betroffenenkreisen hat sich zusammengefunden und beschlossen, die Thematik von Grund auf anzugehen. Dabei sollen Gesetzeslücken auf kantonaler und nationaler Ebene geschlossen werden. «Als ehemalige Heim- und Pflegkinder erlebten wir strukturelle Missstände. Unser Erfahrungswissen möchten wir einbringen, um konstruktiv an neuen Lösungen mitzuarbeiten», erklärt Rose Burri, Präsidentin von «Careleaver Schweiz». Zudem soll in diversen Kantonen und Gemeinden korrigierend auf die teils mangelhafte Umsetzung der bestehenden Gesetze und Verordnungen eingewirkt werden:

Kantonale/kommunale Ebene: Die Gruppe regt mit Vorlagen an, bei den Kantonen und Gemeinden zu interpellieren.

Nationale Ebene: Es wurden bereits parteiübergreifend Vorstösse (parlamentarische Interventionen, sowie Motionen zu Gesetzesanpassungen) eingereicht, weitere sind in Vorbereitung.

Missstände und Erlebnisse teilen, um Verbesserungen zu erzielen

Zusätzlich startet die Gruppe einen Aufruf an ehemalige Heim- und Pflegekinder im Alter zwischen 18 und 35 Jahren, selbst erfahrene Miss- und Widerstände mit dem Verein «Careleaver Schweiz» zu teilen. Damit können Probleme noch zielgerichteter an der Wurzel gepackt und behoben werden. Marc Baumeler, Verwaltungsratspräsident des Jugendhilfe-Netzwerks Integration, sagt: «Zwar existieren bereits viele unterschiedliche Hilfs- und Beratungsangebote, von denen auch Careleaver:innen Gebrauch machen können. Es ist allerding nicht einfach, sich in diesem Dschungel zurechtzufinden und einen Überblick zu erhalten. Viele Beratungsstellen haben zudem nur wenig Kenntnisse über die sehr speziellen Lebensbedingungen ehemaliger Heim- und Pflegekinder.» Das bestätigt auch Rose Burri und betont die grosse Bedeutung von niederschwelligen Angeboten, die erst zaghaft am Entstehen sind. Die engagierte Gruppe setzt sich für strukturelle Verbesserungen ein und will, dass Erfahrungswissen von Betroffenen (u.a. «Careleaver Schweiz») nicht nur zur Kenntnis genommen, sondern aktiv in die Überlegungen miteinbezogen wird. Sarah Wyss ergänzt «Ich bin immer wieder erstaunt, welch geringen Stellenwert das Erfahrungswissen hat. Das muss sich ändern.»

«Damit Erfahrungswissen im professionellen und politischen Prozess mehr Bedeutung erhalten kann, möchten wir weitere Erfahrungsstimmen sammeln. Alle können sich mit dem Erlebten bei uns melden – anonym oder mit ihrem Namen», unterstreicht Rose Burri.    geschaeftsstelle@careleaver.ch