Der Kanton Basel-Stadt hat 2015 mit einem Überschuss von rund 430 Millionen abgeschlossen. Werden die Sondereffekte abgezogen, beträgt der Überschuss noch etwa 240 Millionen. Rund 140 Millionen Mehreinnahmen sind den Einkommenssteuern der natürlichen Personen zuzuschreiben.
Jährlich entgehen dem Kanton aber seit der Unternehmenssteuerreform II rund 70 Millionen Franken – und dies jedes Jahr wieder. Mit der momentanen Aushandlung der Unternehmenssteuerreform III ist es deshalb ratsam sich auf mögliche Steuerausfälle zu wappnen und nicht voreilig Steuern zu senken. Kein Grund gibt momentan Leistungen herunter zu fahren. Deshalb sind Sparmassnahmen, die einen Leistungsabbau bedeuten, nicht gerechtfertigt.
Es ist deshalb aber angebracht eine vorsichtige Finanzpolitik zu betreiben – trotz Überschuss. 2015 konnte 115 Millionen Schulden abgebaut werden. Damit hat die rot-grüne Regierung seit 2002 die Schulden von 3.5 Milliarden auf unter 2 Milliarden abgebaut, der Finanzierungssaldo ist seit Jahren positiv und der Kanton musste keine weiteren Schulden anhäufen. Wirtschaftsfördernde und gesellschaftlich wichtige Leistungen konnten ausgebaut werden beispielsweise die Tagesstrukturen oder die Wirtschaftsförderung für Start-ups Unternehmen. All diese Ausgaben bringen einen Mehrwert für die gesamte Gesellschaft und kommen auch der künftigen Generationen zu Gute.
Dennoch. Nach diesen guten Rechnungen der letzten Jahre, ist es – trotz Ungewissheit über die genauen Auswirkungen der Unternehmenssteuerreform III Zeit den Mittelstand nun auch monetär zu entlasten. In meinem Votum im März 2016 habe ich dies bereits angedeutet. Denn die Mieten steigen, die Krankenkassenprämien ebenso. Und auch wenn wir gute Mietzinszuschussregelungen und Krankenkassenprämienzuschüsse bis weit in den Mittelstand haben, ist dies dennoch eine Belastung.
Deshalb schlägt die SP mit dem Vorstoss von Tanja Soland eine Erhöhung des Sozialabzugs auf 20‘000CHF vor. Damit spart jeder 445CHF (resp. 890CHF) jährlich aufgrund des höheren Abzugs. Die Steuerbefreiung vom Existenzminimum von 18‘000CHF ist bereits jetzt einzigartig in der Schweiz, und entlastet alle Einkommensgruppen, weil das steuerbare Einkommen für alle um 18‘000CHF, resp. 35‘000 sinkt. Um die Steuerentlastung für Topverdiener (>200‘000CHF, resp. 400‘000CHF) zu kompensieren schlägt der Vorstoss eine Steuererhöhung von 26% auf 27% für die Einkommen über 200‘00CHF vor.
Unser aktuelles Steuersystem
Auszug aus dem Steuergesetz 640 100 Gesetz über die direkten Steuern und die Steuerbelastung aktuell
Dies wirkt sich im Vergleich zur heutigen Steuerbelastung wie folgt aus:
Die SP Forderung ist mit 1 Prozent Steuererhöhung für steuerbare Einkommen über 200‘000 (resp. 400‘000) sehr minim. Ich könnte mir eine Erhöhung auf 28%, wie es die JUSO mit ihrer Topverdienersteuer fordert, sehr gut vorstellen. Die JUSO-Initiative „Topverdiener“ fordert eine Erhöhung der Steuer für jene über 200‘000CHF von 26% auf 28% und eine dritte Stufe von 29% ab 300‘000, resp. 600‘000CHF (steuerbar!!!)
Gegenüber dem Sozialabzug von 20‘000CHF steht der unausgegorene Vorschlag von Dieter Werthemann (glp) im Raum. Er fordert in seiner Motion eine Steuersenkung von 1% für Einkommen bis 200‘000CHF. Es ist sicherlich ein gut gemeinter Vorschlag. Doch der Vorstoss entlastet die Einkommen über 200‘000 mit jährlich um 1‘820CHF. Je weniger man verdient, desto weniger wird man entlastet. Der Verfassungsgrundsatz nach der Besteuerung der Wirtschaftsfähigkeit wird da wohl ausgeblendet.(siehe Vergleichtabelle mit effektiver Steuerbelastung)
Es ist eine Werthemann’sche Taktik den „Mittelstand“ mit einem Prozent angeben entlasten zu wollen. Denn de facto sinkt die Steuerbelastung für den Mittelstand nicht um 1%! (siehe Tabelle unten). Sogar im interkantonalen Vergleich bezahlen Topverdiener in Basel-Stadt wenig Steuern. Eine Steuersenkung gerade für diese Gruppierung ist deshalb fehl am Platz. (Vergleichstabelle weiter unten)
Es stehen nun zwei Steueranpassungen zur Diskussion. Die eine, die alle bis 200‘000 (resp. 400‘000CHF) gleichmässig entlastet und die Mindereinnahmen teilweise durch die Erhöhung der Topverdienenden von 26% auf 27% kompensiert. Die andere ist eine Mogelpackung um Topverdienende mehr zu entlasten.
Ich stehe ganz klar ein für den höheren Sozialabzug, der höhere Steuersatz von 27% für Einkommen ab 200‘000CHF (resp. 400‘000), nachhaltige Investitionen in den Bereichen des service publiques, der Bildung und der Infrastruktur – sowie einen kontinuierlichen Schuldenabbau! Das ist die Zukunft.
Zwei Gedankenspiele für Steuerbeispiele im Topverdienerbereich
- 2 Kinder, im Konkubinat lebend – beide Elternteile verdienen Brutto je 200‘000CHF.(was etwa je 15‘000CHF pro Monat entspricht!). Mit dem Anzug Soland sind sie von der Steuererhöhung von 26% auf 27% nicht betroffen, müssen aber 890CHF weniger Steuern bezahlen.
- Verheiratet, 2 Kinder – 500‘000 Einkommen pro Jahr. Die Steuerbelastung beträgt in BL (Liestal) rund 153‘000CHF, in BS 132‘928CHF. Dennoch: 400‘000 steuerbares Einkommen wird mit dem Prozentsatz von 22.25% besteuert. Sie würden ebenfalls von den 890CHF Steuerentlastung profitieren. Die Differenz des steuerbaren Einkommens zum Bruttoeinkommen von 500‘000 würde mit Anzug Soland mit neu 27% anstatt 26% besteuert werden. Dies entspricht nach allen Abzügen etwa knapp 35 Franken.
Diese beiden Beispiele verdeutlichen die Lage der Steuerbelastung. Und da auch mein Kritikpunkt: Es ist zu überlegen, ob die Grenze von 200‘000CHF nicht nach unten geschraubt werden sollte. Denn mit über 16‘000CHF Einkommen pro Monat gehört man/frau dem Mittelstand gewiss nicht mehr an!