Rede vor der Syndicom Herbstversammlung

Zuerst möchte ich mich ganz herzlich für die Einladung bedanken. Syndicom, respektive damals noch Comedia war der ausschlaggebende Grund, weshalb ich heute so aktiv in der Politik bin. Und ich bin froh, dass ich so aktiv bin. Es war bei einer Zugfahrt, als mich ein Sekretär ansprach – ich fuhr gerade nach Luzern um mir das MAZ anzuschauen. Ich überlegte mir  damals ernsthaft Journalismus zu studieren. Im Nachhinein darf ich verraten, ich habe es nicht getan, ich studiere Wirtschaft und Geschichte und bin kurz vor dem Abschluss. Bin aber trotzdem bei dieser Gewerkschaft geblieben und bereue es nicht.

Ich möchte heute jedoch nicht mein politisches und gewerkschaftliches Engagement in den Vordergrund stellen, sondern die Jugend und deren wichtiges Engagement. Deshalb werden meine Worte eher in einem Plädoyer für eine aktive Jugend ähneln, anstatt einer klassischen Rede, welch wichtige Arbeit die Gewerkschaft leistet. Obwohl ich darüber auch stundenlang reden könnte, und dies auch wichtig ist. Denn die Bedeutung der Gewerkschaft ist in der globalisierten Welt, in der wir leben immer wichtiger. Wer zuerst unter dem Druck leidet, sind die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Ihnen wird zuerst der Lohn gekürzt, ihnen wird zuerst die Stelle gestrichen – während dem Kader noch hohe Summen ausbezahlt werden.  Das Kämpfen für gute GAV’s, fürs Einhalten der flankierenden Massnahmen, damit keine Dumpinglöhne in der Schweiz bezahlt werden und die Vernetzung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sehe ich als Hauptaufgabe einer Gewerkschaft. Für den Profit wird genügend lobbyiert  und auch die Banken sind im Bundeshaus und in den Kantonsparlamenten vertreten. Wer jedoch vertritt die Mehrheit der Bevölkerung? Die Arbeitnehmenden?  Diese müssen in den Parlamenten unbedingt vertreten sein. Aber ebenso sind die Präsenz und der Druck auf der Strasse wichtig. Zu diesem Aktivismus trägt auch die Jugend einen wichtigen Teil bei.

Die jungen Menschen sind nicht faul, es ist nicht so, dass Individualismus vor Solidarität steht. Auch wenn solche Aussagen immer wieder suggeriert werden und ich tagtäglich mit ihnen konfrontiert werde. Täglich treffe ich junge Menschen, die sich engagieren. Sei es in der Politik, in der Gewerkschaft oder in einem anderen Verein.  Wenn an Abendsitzungen und beim Bier danach über Projekte, Aktionen, Verhandlungen oder Positionspapiere debattiert wird – dann ist es nicht das fehlende Engagement der Jugend, dass einige Projekte im Sand versenkt werden oder nicht realisiert werden können. Oft ist es eine Zeitfrage, aber auch die Ohnmacht. Die Enttäuschung über die Realität. Der Jugend von heute geht es nicht besser, weil sie materiell meist besser gestellt ist als früher. Sie hat auch zu kämpfen. Zu kämpfen um überhaupt eine Stimme in der Gesellschaft zu erhalten.  Zu kämpfen um ernst genommen zu werden und zu kämpfen um nicht Opfer der Gesellschaftsveränderung zu werden.

Die Jugendarbeitslosigkeit bewegt sich momentan um die 4 %, dies ist deutlich höher als der Gesellschaftliche  Durchschnitt, der sich in Basel auf 3.4% (Zahlen von August 2012)  bewegt. Doch statt echte Lösungen zu suchen, wird die AVIG-Revision beschlossen. Damit werden die Taggelder für Hochschulabsolventen und junge Arbeiter_innen gekürzt. Konkret bedeutet das: Wer länger als 90 Tagen (früher 260 Tage)  nach der Ausbildung keinen Job findet, muss zur Sozialhilfe.  Ist dies ein Umgang, wie man mit jungen Menschen umgeht? Anstatt, dass man jungen Leuten hilft den Einstieg ins Erwerbleben zu finden, werden sie in die Sozialhilfe abgeschoben. Begründet wird diese Massnahme damit, es sei kosteneffizienter  Wie der Bundesrat jedoch bei der Beantwortung eines Postulats selbst gesagt hat, werden die Kosten kurzfristig nicht geringer, sondern einfach auf die Sozialhilfe geschoben. Also von den Bundesfinanzen auch die Kantonsfinanzen, denn für die Sozialhilfe ist der Kanton, resp. sind die Gemeinden zuständig. So kann der Bund schöne Statistiken liefern, à la „wir haben sinkende Arbeitslosenzahlen, Arbeitsintegrationsausgaben können gesenkt werden“. Dass die jungen Arbeitslosen in die Statistik der Sozialhilfebezüger gefallen sind, wir höchstens in einer Fusszeile erwähnt.  Langfristig, so der Bundesrat,  käme es aber Bund und Kanton günstiger. Ist der Einstieg ins Berufsleben eine Frage vom Preis? Meiner Ansicht nach ein ganz klares NEIN. Alle jungen Menschen sollen eine berufliche Zukunft haben und nicht in die Sozialhilfe abgeschoben werden.

Und nun  möchte ich noch zu den Lehrlingen kommen. Die Statistik zeigt, dass 1970 Lehrverträge im Jahr 2011 abgeschlossen wurden. 1982 waren es knapp 2400. Dies ging zurück bis 1996 zurück, seitdem steigend, momentan stagnierend bei knapp 2000.  Ist ein Lehrvertrag zu erhalten also kein Problem? Ohne Frage wurde  in den letzten Jahren viel gemacht. Doch, nicht in allen Branchen gibt es genügend Lehrstellen. Und das Problem, das nun neu auftaucht ist, ist die Weiterbeschäftigung. Ohne Berufserfahrung nach der Lehre eine Stelle zu finden ist schwierig. Deshalb bin ich der Meinung, dass Lehrlinge ein Jahr bei der Firma weiterarbeiten sollen dürfen um den Einstieg ins Berufsleben zu vereinfachen.  Wenn nötig, soll der Staat die Firma finanziell unterstützen.

Doch der Berufseinstieg ist nicht getan mit subventionierten Berufseinstiegen. Berufliche Weiterbildung für Lehrlinge, die nach einigen Jahren Arbeit sich weiterbilden möchten, muss möglich sein. Da ist eine finanzielle Unterstützung teilweise notwendig und unumgänglich.

Die Tendenz bei Hochschulabgänger sind jahrelange Praktika nach Abschluss der Ausbildung. Praktisch gratis, aber ausgebildet arbeiten sie und werden ausgenutzt. Dies ist längst Tatsache, aber nicht akzeptabel.

Diese Missstände können dazu führen, dass sich junge Menschen machtlos fühlen. Dass sie ihr Engagement aufgeben, weil sie die Verlierer sind. Das schwächste Glied in der Kette. Dieses Ohnmachtsgefühl muss verhindert werden. Und auch heute Abend gibt es einige junge Menschen, die sich engagieren. Sie lassen sich von den Niederlagen nicht entmutigen. Sie lassen sich nicht runterkriegen sondern kämpfen weiter. Und das ist es, was unsere Gesellschaft braucht. Eine aktive Jugend. Doch dazu müssen auch gewisse Zugeständnisse seitens der Gesellschaft kommen:

–          Wir wollen ernst genommen werden

–          Wir wollen eine Chancengleichheit

–          Wir wollen, dass Junge nicht gegen die älteren Menschen ausgespielt werden

–          Wir wollen nicht ausgenutzt werden

–          Wir wollen eine Zukunft, denn wir sind die Zukunft.

Danke für Eure Aufmerksamkeit

Quellen:
http://www.parlament.ch/d/suche/seiten/geschaefte.aspx?gesch_id=20094283
http://www.jugendarbeitslosigkeit.ch/wp-content/uploads/2012/03/jan_12.pdf
http://www.statistik-bs.ch/