Der Ruf nach Freiraum ist politisch

Freiraum als Raum der Erholung, Freiraum als Raum für Kreativität und als Raum der Politisierung. Freiraum als Einladung und Aufforderung, die Gesellschaft mitzugestalten. So könnte man den doch sehr schwammigen Begriff umschreiben.

In diesem Sinne ist Freiraum auch nicht einfach mit illegalen Partys gleichzusetzen. Nein, Freiraum ist der Raum der von Individuen oder ganzen Gruppen im Sinne ihrer persönlichen Freiheit genutzt werden kann und soll. Freiraum ist damit auch kein neues Bedürfnis sondern ein altes, dessen Befriedigung in einem freiheitlichen Staat möglich sein muss.

In den letzten Wochen wurde das Thema hochgekocht. Eine Position schoss auf die andere, keine war richtig genug. Keine wird jemals richtig sein, denn die Vorstellungen und Bedürfnisse klaffen in einer lebendigen Stadt wie Basel auseinander. Trotzdem, davon bin ich überzeugt, ist ein solidarisches Mit-und Nebeneinanderleben in Basel möglich.

Die immer häufiger auch politisch anzutreffende Forderung nach mehr Freiraum für Freizeit und Kultur ist nicht vom Himmel gefallen. Die Verdrängungstendenzen der letzten Jahre haben ihre Spuren hinterlassen:

  • 2008 wurde das Gesetz der Wegweisung verabschiedet. Dies stellte einen ersten Schritt dar per Gesetz unliebsame Personen aus dem öffentlichen Raum zu verdrängen. Die JUSO ergriff erfolglos das Referendum, denn die Gefahr der Willkür in der Ausführung war gross (siehe Beispiel Bern).
  • 2010 wurde es mit der neuen Allmendverordnung fast unmöglich, zu erschwinglichen Preisen für Kulturanlässe Werbung zu machen („wildes Plakatieren“). Zwar sind die zuständigen Behörden bemüht, aber Lösungen sind noch nicht bekannt.
  • Im April 2012 wurde die Strassenmusikordnung stark reglementiert. Aufgrund weniger privilegierter Firmen, die in der Freien Strasse ihr Büro haben und Reklamationen einreichten, wurden die Spielzeiten der StrassenmusikerInnen massiv eingeschränkt.
  • Als letztes Beispiel die Bahnhöfe: In den Bahnhöfen darf nicht mehr am Boden gesessen werden und auch Gitarre spielen ist im Sinne der Shoppingkunden nun verboten.

Die aufgezählten Restriktionen, die laufend eher zu- als abnehmen, haben in der Realität für Alle Konsequenzen. In Teilen der Bevölkerung entstehen gar Wut, Ärger und Enttäuschung darüber in der Stadtentwicklung nicht mehr genügend berücksichtigt zu werden. Ein gutes Beispiel sind die Grünanlagen: Auch wenn nicht jede Renovation, jede „Aufwertung“ von Grünanlagen prinzipiell schlecht ist (ganz im Gegenteil), so müssen auch die Anliegen derer berücksichtigt werden, die sich solche Anlagen ursprünglicher und natürlicher wünschen. Ansonsten braucht es einen nicht zu wundern, wenn gegen „Aufwertungs“-Tendenzen opponiert wird.

Institutionelle Massnahmen zur Nutzung von Freiräumen können einen Rahmen geben, in dem alle Bevölkerungsgruppen berücksichtigt werden. Die Kulturinitiative der JUSO, die mehr Um- und Zwischennnutzungen, sowie mehr Proberäume fordert, ist ein erster Schritt. Die „Wohnen für alle“-Initiative der JUSO und SP setzt ein Zeichen gegen die schleichende Verteuerung und Verknappung des Wohnungsmarktes. Einem Wohnungsmarkt, in dem heute vor allem gute SteuerzahlerInnen berücksichtigt werden. Und schliesslich sind die Jugendbewilligungen, die seitens aller Basler Jungparteien gefordert werden, ein guter Weg in Richtung mehr Freiraum. Sie sind ein Zeichen ans politische Establishment das berechtigte Anliegen ernst zu nehmen.

Doch all diese Massnahmen reichen nicht aus, damit in Zukunft genug Freiräume zur Verfügung stehen. Diese Massnahmen können nur ein Gerüst sein um dem Anliegen gerecht zu werden, ohne je alle Voraussetzungen zu erfüllen. Und genau das Erproben und Entstehen von neuen Freiräumen unter gewissen Rahmenbedingungen, die eine Gesellschaft braucht, schafft den Freiraum.

Ich bin überzeugt, dass ein solidarisches Zusammenleben, mit Freiraum, in Basel möglich ist. Denn Freiraum bedeutet für mich keine Gesetzeslosigkeit, sondern das Recht einen Platz in der Gesellschaft zu erhalten. In diesem Sinne: JA zu mehr Freiraum und JA zu einem solidarischen Zusammenleben!